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[ Version 1.5 ] 2-9
5. Wer haftet für die Inhalte?
Wenn eine Gedächtnisorganisation in großem Umfang digitale Objekte der
mehr oder weniger breiten Öffentlichkeit anbietet, besteht die Gefahr, dass ei-
nige der Objekte durch ihren Inhalt gegen Rechtsnormen verstoßen. Volks-
verhetzende oder pornografische Inhalte lassen sich durch entsprechende
Filtersoftware und im Idealfall eine intellektuelle Sichtung des Materials noch
relativ leicht erkennen. Oft ist es aber nahezu unmöglich, ehrverletzende Be-
hauptungen oder Marken- und Patentverletzungen zu identifizieren. Es ist also
eine wichtige Frage, welche Sorgfaltspflichten eine Gedächtnisorganisation zu
beachten hat, die ihre digitalen Archivalien öffentlich zugänglich machen will.
Leider ist hier so vieles vom konkreten Einzelfall abhängig, dass es sich nicht
mehr wirklich sinnvoll in einer kurzen Zusammenfassung darstellen lässt. Eine
ausführlichere Darstellung würde aber den hier vorgegebenen Rahmen spren-
gen. Nur ganz allgemein kann Folgendes gesagt werden:
Die in diesem Bereich wichtigsten Normen stehen in den §§ 7 - 10 Telemedi-
engesetz (TMG). Danach ist zu unterscheiden, ob es sich bei den veröffentli-
chten Inhalten um eigene oder fremde handelt. Eine straf- und zivilrechtliche
Verantwortung für die Richtigkeit und Rechtmäßigkeit der Inhalte trifft die
anbietende Organisation nur im ersten Fall. Ob die Inhalte im Einzelfall der
Organisation als eigene zugerechnet werden, richtet sich dabei nicht nach Her-
kunft oder Eigentum der Objekte, sondern nach der Sicht der Nutzer.
15
Nur
wenn ein Nutzer aus den Gesamtumständen eindeutig erkennen konnte, dass
es sich bei dem Angebot nicht um ein eigenes Informationsangebot der betref-
fenden Organisation handelt, ist die Haftung eingeschränkt. Eine Gedächtnis-
organisation, die fremde Daten allgemein zugänglich macht, sollte daher darauf
achten, dass die „fremden“ Angebote im Layout hinreichend deutlich von den
eigenen abgegrenzt sind. Außerdem sollte deutlich darauf hingewiesen werden,
dass sich die Gedächtnisorganisation nicht mit den Inhalten der angebotenen
15 Das ist im Falle von Gedächtnisorganisationen schwierig, handelt es sich doch um Material
aus eigenen Archiven. In einem bestimmten Sinne ist also auch das angebotene Archivmate-
rial „eigen“ und wird insbesondere nicht „für einen Nutzer“ (§ 10 TMG) gespeichert. Trotz-
dem ist es klar ersichtlich und ergibt sich meist auch aus dem (oft gesetzlichen) Auftrag der
Gedächtnisorganisation, dass sie sich die angebotenen Inhalte nicht zu Eigen machen will
und kann. Eine Haftung als Content-Provider wäre daher unbillig. Vielmehr ist § 10 TMG
zugunsten der jeweiligen Gedächtnisorganisation analog anzuwenden, wenn die Abgrenzung
der Inhalte, die im engeren Sinne „eigen“ sind und denjenigen, die als „fremde“ zur Verfü-
gung gestellt werden, hinreichend deutlich ist.
2 Rechtliche Aspekte
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nestor Handbuch: Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung
2-10
Publikationen oder verlinkten Seiten identifiziert und eine Haftung für diese
Inhalte ausgeschlossen ist. Hiermit stellt sie klar, dass sie lediglich dann zur Haf-
tung herangezogen werden kann, wenn sie falsche oder rechtswidrige Inhalte
trotz Kenntnis oder Evidenz nicht beseitigt.
Auch wenn deutlich gemacht wurde, dass die zugänglich gemachten Inhalte
keine eigenen sind, müssen bestimmte Sorgfaltspflichten beachtet werden. Vor
allen Dingen muss bei Bekanntwerden einer Rechtsverletzung der Zugang un-
verzüglich gesperrt werden (§ 7 Abs. 2 TMG). Eine weitere Speicherung des
Objektes bleibt aber – von wenigen Ausnahmen abgesehen – möglich, denn
nur die Zugänglichmachung muss unterbunden werden.
Literatur
Dreier, Thomas / Schulze, Gernot: Urheberrechtsgesetz: Urheberrechtswahr-
nehmungsgesetz, Kunsturhebergesetz; Kommentar. München: Beck,
2004
Dreyer, Gunda / Kotthoff, Jost / Meckel, Astrid: Heidelberger Kommentar
zum Urheberrechtsgesetz. Heidelberg: Müller, 2004
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Hoeren, Thomas: Rechtsfragen zur Langzeitarchivierung (LZA) und zum
Anbieten von digitalen Dokumenten durch Archivbibliotheken unter
besonderer Berücksichtigung von Online-Hochschulschriften: urn:nbn:
de:0008-20050305016
Kuhlen, Rainer: Urheberrechts-Landminen beseitigen: Bedarf nach einer Ur-
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27.9.2007]
Ott, Stephan: Der Google Cache – Eine milliardenfache Urheberrechtsverlet-
zung? In: MIR 2007, Dok.195: http://medien-internet-und-recht.de/voll-
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How to C#: Preview Document Content Using XDoc.Word How to C#: Preview Document Content Using XDoc.Word. Get Preview From File. You may get document preview image from an existing Word file in C#.net.
how to erase text in pdf online; how to delete text in a pdf acrobat
7
[ Version 1.5 ] 2-11
Rehbinder, Manfred: Urheberrecht: Ein Studienbuch. 14. Auflage, München:
Beck, 2006
Schack, Haimo: Dürfen öffentliche Einrichtungen elektronische Archive anle-
gen? In: AfP – Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht 1/2003,
S. 1-8
2 Rechtliche Aspekte
2
nestor Handbuch: Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung
2-12
17
[ Version 1.5 ] 3-1
3 State of the Art
LZA-Aktivitäten in Deutschland aus dem Blickwinkel
von nestor
Mathias Jehn, Sabine Schrimpf
Die Situation in Deutschland
Bibliotheken, Archive und Museen sind das wissenschaftliche, juristisch-ad-
ministrative und kulturelle Gedächtnis einer Stadt, eines Landes, einer Nation.
Sie sind Orte der Forschung und Wissensvermittlung, des Lernens und der
Anschauung. Sie tragen die Verantwortung für die Erhaltung physisch vorhan-
dener Originale ebenso wie für die langfristige Nutzbarkeit digitaler Informa-
tionen bzw. nachträglich angefertigter Digitalisate von anderen Kulturmedien.
Gerade elektronische Publikationen oder, weiter gefasst, digitale Ressourcen
nehmen in den meisten deutschen Einrichtungen einen stetig wachsenden Stel-
lenwert ein und beeinflussen nachhaltig den Auftrag von Gedächtnisorganisa-
tionen. Die rasante Entwicklung auf diesem Gebiet stellt neue Anforderungen
3 State of the Art
40
nestor Handbuch: Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung
3-2
hinsichtlich der dauerhaften Bewahrung und Zugänglichkeit dieser digitalen
Objekte: So muss das digital publizierte Wissen auch unter den Bedingungen
eines ständig stattfindenden Technologiewandels langfristig verfügbar gehalten
werden, da der wissenschaftliche und technische Fortschritt eine regelmäßige
Neubewertung älterer Wissensstände erfordert. Der digitalen Langzeitarchivie-
rung kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Letztlich stellt sie eine wesentliche
Bedingung für die Konkurrenzfähigkeit des Bildungs- und Wissenschaftssys-
tems und damit mittelbar auch für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines
jeweiligen Landes dar.
Die digitale Langzeitsicherung erweitert das Aufgabenspektrum der archivie-
renden Institutionen, sodass neue organisatorische und technische Anstrengun-
gen zur Sicherung und langfristigen Nutzbarkeit digitaler Objekte erforderlich
sind. Ein Archiv, das sich erst bei anstehenden Lieferungen des elektronischen
Schriftguts Gedanken über dessen Übernahme, Erschließung und die dauer-
hafte Speicherung macht, wird an der Komplexität der Aufgabe scheitern. Die
dauerhafte Lesbarkeit von elektronischen Medien ist insbesondere durch den
schnellen technischen Wandel von Datenträgern und -formaten sowie durch
die permanente Veränderung und Weiterentwicklung der für die Nutzung not-
wendigen Anwendungsprogramme gefährdet. Die Arbeit, die im Bereich der
physischen Datenträger geleistet wurde, vorgegeben durch gesetzliche Sammel-
aufträge oder Archivgesetze, hat deutlich werden lassen, dass sowohl für solch
große Bereiche der Netzpublikationen wie ebooks, e-Journals, elektronische
Hochschulschriften oder thematische Websites (bzw. Online-Ressourcen) ge-
meinsame und tragfähige Langzeitarchivierungsstrategien bislang noch fehlten.
Dazu kommt, dass die Aufgaben sich in eine Vielzahl von Teilaspekten glie-
dern und daraus resultierenden Teilaufgaben von einer Institution allein nicht
zu leisten sind. Neben den Bibliotheken werden auch die Archive in Zukunft
mit einer wachsenden Zahl von Abgaben elektronischen Schriftguts rechnen
müssen. Dieses Schriftgut aus den Behörden wird von Anfang an elektronisch
(„digital born“) erstellt und voraussichtlich die volle Bandbreite an Formen di-
gitaler Unterlagen umfassen.
In Deutschland wurde das Thema zum ersten Mal 1995 in einem Positions-
papier „Elektronische Publikationen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) aufgegriffen und als Aufgabenbereich der Virtuellen Fachbibliotheken
benannt. In Anbetracht sowohl des Umfangs der Aufgabe als auch der föde-
ralen Struktur Deutschlands mit der Verantwortlichkeit seiner Bundesländer
für Wissenschaft und Kultur, war es folgerichtig, dass der Ansatz zu einer
erfolgreichen Lösung dieser Probleme nur ein kooperativer sein konnte. Aus
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[ Version 1.5 ] 3-3
der gemeinsamen Arbeit an konzeptionellen Fragen der künftigen Entwick-
lung digitaler Bibliotheken im Rahmen des vom Bundesministeriums für Wis-
senschaft und Forschung (BMBF) getragenen Projektes „digital library kon-
zepte“ ist eine Initiativgruppe Langzeitarchivierung hervorgegangen, deren
Arbeitsplan im Rahmen einer 6-monatigen Folgeprojekts im Jahre 2002 auf
zwei Workshops ausgewählten Experten des Informationswesens zur Diskus-
sion gestellt wurden. Diese „Initialzündung“ für eine kooperative Lösung der
Langzeitarchivierung digitaler Ressourcen resultierte in einem Papier mit Ab-
schlussempfehlungen für zentrale Komponenten einer kooperativen digitalen
Langzeiterhaltungsstrategie für Deutschland. Seit dem Jahr 2003 besteht mit
dem BMBF-geförderten Projekt nestor ein nationales Kompetenznetzwerk zur
Langzeitarchivierung und Langzeitverfügbarkeit digitaler Objekte, das als ein-
ziges seiner Art die in Deutschland identifizierbaren Kompetenzen bündelt und
die Kontakte zu entsprechenden Initiativen und Fachgruppen koordiniert.
1
Mit
der Einrichtung von nestor sollte gemeinsam den Defiziten bei der Langzeitar-
chivierung – unter Einbeziehung der „Produzenten“ digitaler Ressourcen, d.
h. Verlage, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Behörden, Wissenschaftler
sowie technischer Dienstleister wie Rechen-, Daten- und Medienzentren und
Großdatenbankbetreiber – begegnet werden. Die gemeinsame Fragestellung
betrifft die dauerhafte Erhaltung sowohl genuin digitaler Objekte als auch re-
trodigitalisierter Ressourcen sowie die nachhaltige Verfügbarkeit dieser Infor-
mationen für spätere Generationen.
Mittlerweile verteilen sich in nestor die notwendigen Fachkompetenzen für den
Aufgabenkomplex „Langzeitarchivierung digitaler Ressourcen“ über ein breites
Spektrum von Personen, die in vielen Institutionen, Organisationen und Wirt-
schaftsunternehmen tätig sind. nestor bringt so die Experten der Langzeitarchi-
vierung und aktive Projektnehmer zusammen und fördert den Austausch von
Informationen, die Entwicklung von Standards sowie die Nutzung von Syner-
gieeffekten. Alle Sparten der Gedächtnisinstitutionen werden bei der Heraus-
forderung unterstützt, die Bewahrung und Verfügbarkeit aller digitalen Ressour-
cen selbst zu gewährleisten, die Bewahrung und Verfügbarkeit der wichtigsten
Objekte jedes Fachgebiets zu organisieren sowie schließlich die Bewahrung und
Verfügbarkeit digitaler Archivalien garantieren zu können.
Für Bibliotheken, Archive und Museen ist mit der Einrichtung von nestor ein
wichtiger Schritt für die verteilte Übernahme konkreter Aufgaben und Abspra-
1 nestor ist das Akronym der englischen Übersetzung des Projekttitels: „Network of Expertise
in long-term storage and availability of digital Resources in Germany“. Siehe:
http://www.
langzeitarchivierung.de
.
3 State of the Art
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nestor Handbuch: Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung
3-4
chen in Deutschland getan. Ein zentrales Aufgabenfeld des Netwerks ist bei-
spielsweise die Sicherung der Authentizität (im Sinne der Vertrauenswürdigkeit)
des archivierten Dokuments. Im Prozess der Planung von Erhaltungsstrategien
sind u.a. drei wichtige Arbeitsschritte zu vollziehen:
1. Da ein nationaler Alleingang in der globalen Informationsgesellschaft
ein sicherer Misserfolgsfaktor wäre, ist es erstens wichtig, eine Bestands-
aufnahme, Analyse und Auswertung der internationalen Entwicklungen
vorzunehmen und zu prüfen, welche der bereits existierenden Lösungs-
vorschläge der deutschen Situation angemessen sein könnten.
2. Die Entwicklung von Norm-Standards ist unbedingt erforderlich. Diese
sollten in Übereinstimmung mit den sich aktuell im internationalen Rah-
men abzeichnenden Standardisierungsinitiativen erarbeitet werden.
3. Der Aufbau einer dezentralen und kooperativen Infrastruktur für die Ar-
chivierung digitaler Dokumente in Deutschland, die nicht nur Zustän-
digkeiten klar definiert sondern auch effektive und effiziente Kooperati-
onsstrukturen etabliert, ist notwendig.
Zur Umsetzung dieser Ziele müssen weitere finanzielle Mittel zur Verfügung
gestellt werden, weil mit der Langzeitarchivierung und -verfügbarkeit digitaler
Objekte völlig unterschiedliche Bereiche betroffen sind.
2
Sobald einmal mit der
Langzeitarchivierung begonnen wird, muss die langfristige Finanzierung ge-
währleistet sein. Zwar ist heute immer noch unklar, wie sich die Kosten in der
Zukunft entwickeln werden, jedoch ist es sicher, dass einerseits große Geldsum-
men für den Aufbau und Betrieb von Langzeitarchivierungssystemen benötigt
werden, andererseits der finanzielle Spielraum für den öffentlich-rechtlichen
Bereich begrenzt sein wird. Es sind daher Strategien nötig, wie Gedächtnisorga-
nisationen mit den begrenzten Mitteln die besten Ergebnisse erzielen können.
Kurzer Überblick über die Langzeitarchivierungssysteme und
-projekte
In Deutschland gibt es schon einige Institutionen, die mit der digitalen Lang-
zeitarchivierung begonnen haben. Auf Grund der komplexen und innovativen
2 Ein wichtiges Ergebnis der ersten Projektphase von 2003 bis 2006 war die Verabschiedung
gemeinsamer Richtlinien: nestor hat in einem „Memorandum zur Langzeitverfügbarkeit digi-
taler Informationen in Deutschland“ die notwendigen Anstrengungen von politischen Ent-
scheidungsträgern, Urhebern, Verlegern, Hard- und Softwareherstellern sowie kulturellen
und wissenschaftlichen Gedächtnisorganisationen zusammengestellt, um die Rahmenbe-
dingungen einer nationalen Langzeitarchivierungs-Policy abzustecken. Siehe:
http://www.
langzeitarchivierung.de/downloads/memo2006.pdf
.
47
[ Version 1.5 ] 3-5
Herausforderungen, die mit dem Thema digitale Langzeitarchivierung verbun-
den sind, geschieht dies meist im Projektverbund.
Mit kopal („kooperativer Aufbau eines Langzeitarchivs digitaler Informati-
onen“) haben die Deutsche Nationalbibliothek in Kooperation mit der Nie-
dersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (SUB) Göttingen, der Ge-
sellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen (GWDG)
und IBM Deutschland kooperativ eine technische Lösung für die Bewahrung
und langfristige Verfügbarkeit digitaler Dokumente erarbeitet.
3
Seit der Auf-
nahme des Produktivbetriebs im August 2006 hat kopal umfangreiche digitale
Bestände von der Deutschen Nationalbibliothek und der SUB Göttingen in das
Archivsystem eingespielt. Die beteiligten Institutionen konnten dabei wertvolle
Erfahrungen für den Betrieb und die weitere Entwicklung des Archivsystems
sammeln. Das kopal-Langzeitarchiv ist nach dem Projektende im Juni 2007 bei
der Deutschen Nationalbibliothek und der (SUB) Göttingen, in den Routine-
betrieb gegangen. Anlässlich des Abschlussworkshops „kopal goes live“ am 13.
Juni 2007 wurde ein Memorandum unterzeichnet, in dem sich die Partner lang-
fristig den Aufgaben der Langzeitarchivierung verpflichten und einen Rahmen
für die weitere Zusammenarbeit gesetzt haben.
Daneben wurde mit dem Pilotsystem „Bibliothekarisches Archivierungs- und
Bereitstellungssystem“ wurde ein weiteres Archivsystem an der Bayerischen
Staatsbibliothek München in Zusammenarbeit mit dem Leibniz Rechenzent-
rum entwickelt.
4
Ziel des von der DFG geförderten Kooperationsprojektes war
der Aufbau einer organisatorischen und technischen Infrastruktur für die Lang-
zeitarchivierung und Bereitstellung von Netzpublikationen aus dem breiten
Spektrum der Bayerischen Staatsbibliothek als Universal-, Landes- und SSG-Bi-
bliothek sowie als Digitalisierungszentrum. Im Nachfolgeprojekt BABS II soll
das Pilotsystem zu einem vertrauenswürdigen digitalen Langzeitarchivs als Teil
kooperativer Strukturen und Evaluierung gemäß dem nestor-Kriterienkatalog
ausgebaut werden. Evaluierbarkeit und Test der Skalierbarkeit des Gesamtsys-
tems sollen einen langfristigen Betrieb mit Wachstumspotential gewährleisten.
Mit edoweb in Rheinland-Pfalz, BOA in Baden-Württemberg und Saardok im
Saarland liegen kooperativ entwickelt und betriebene technische Plattformen
für die Sammlung, Erschließung und langfristige Verfügbarkeit von regionalen
elektronischen Pflichtexemplaren vor.
5
3
http://kopal.langzeitarchivierung.de/
4
http://www.babs-muenchen.de/index.html?pcontent=startseite
5
http://www.lbz-rlp.de/cms/rheinische-landesbibliothek/digitale-angebote/edo-
3 State of the Art
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nestor Handbuch: Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung
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Neben der Entwicklung kompletter Archivsystem-Lösungen befassen sich
zahlreiche Institutionen in unterschiedlichen Projekten mit weiteren Aspekten
der digitalen Langzeitarchivierung. nestor bündelt alle derartigen Projekte in
Deutschland, im deutschsprachigen Raum sowie die mit Beteiligung deutscher
Partner auf der nestor-Homepage. Das Themenspektrum der aufgeführten Pro-
jekte reicht von den hier beispielhaft vorgestellten Archivsystemen über die
Strategiebildung hinsichtlich Langzeitarchivierung bis zur konkreten Entwick-
lung von Langzeitarchivierungswerkzeugen.
Neben diesen Beispielen aus Deutschland liegen auch einige gute Beispiele für
erfolgreiche internationale Kooperationsprojekte im Bereich der Langzeitarchi-
vierung vor. Im Bereich der technologischen Forschung sind die von der EU
geförderten Forschungsprojekte PLANETS und CASPAR wichtige Einrich-
tungen,
6
etwa bei der Implementierung des Open Archival Information Sys-
tem, kurz OAIS-Modell.
7
Durch die Abgrenzung und eindeutige Benennung
von Funktionsmodulen, Schnittstellen und Typen von Informationsobjekten ist
es gelungen, eine einheitliche Sprache und eine über die Grenzen der Anwen-
dergemeinschaften Archive, Datenzentren und Bibliotheken hinweg geltende
allgemeine Sicht auf die Kernfunktionen eines digitalen Archivs zu schaffen.
Gerade durch diese Allgemeingültigkeit ist der Abstraktionsgrad des Modells
relativ hoch. Das Open Archival Information System beschreibt ein Informa-
tionsnetzwerk, das den Archivar und den Nutzer als Hauptkomponenten des
digitalen Archivs versteht.
Auch für den Bereich der Zertifizierung von Archiven liegen bereits Er-
gebnisse vor, wie beispielsweise die TRAC Checkliste oder der nestor „Krite-
rienkatalog Vertrauenswürdige Archive“.
8
Die hier veröffentlichten Kriterien
beschreiben die organisatorischen und technischen Voraussetzungen eines
digitalen Langzeitarchivs und sind auf eine Reihe digitaler Repositorien und
Archive anwendbar, von universitären Repositorien bis hin zu großen Daten-
archiven; von Nationalbibliotheken bis hin zu digitalen Archivierungsdiensten
Dritter. Anhand der Kriterienkataloge kann die Vertrauenswürdigkeit digitaler
Langzeitarchive nun geprüft und bewertet werden. Darüber hinaus beteiligen
sich die Partner von nestor aktiv auch an europäischen Initiativen und Projekten,
web/
,
http://www.boa-bw.de/
,
http://saardok.sulb.uni-saarland.de/
6 Siehe:
http://www.planets-project.eu/
;
http://www.casparpreserves.eu/
.
7 Das als ISO 14721 verabschiedete Referenzmodell „Open Archival Information System –
OAIS“ ist abgedruckt in:
http://public.ccsds.org/publications/archive/650x0b1.pdf
.
8 Die Kriterienkataloge sind hinterlegt in:
http://www.crl.edu/content.
asp?l1=13&l2=58&l3=162&l4=91
.
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